Konzept für das Gemeinsame Lernen

  1. Einleitung
  2. Schon vor dem Inkrafttreten der UN-Konvention für Menschen mit Behinderung wurden an der Grundschule Hille Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf aufgenommen und gefördert. In Form von Einzelintegration erhielten die Schülerinnen und Schüler je 2 Förderstunden pro Woche durch verschiedene Lehrerinnen und Lehrer für Sonderpädagogik.
    seit Beginn des Schuljahres 2014/2015 sind wir nun offiziell „Schule des gemeinsamen Lernens“, und damit auf dem Weg der Schulentwicklung zu einer inklusiven Schule für alle Kinder. Eine Lehrerin für Sonderpädagogik arbeitet mit einem Teil ihres Stundenkontingents an der Grundschule.
    Es werden Kinder mit den Förderschwerpunkten „Lernen“, „Sprache“ und „Emotionale und soziale Entwicklung“ aufgenommen. 
    Die Beschulung von Kindern mit Lern- und Entwicklungsstörungen in der allgemeinen Schule ist somit zur Regel statt zur Ausnahme geworden. Mussten vor 2015 bereits vor dem Schuleintritt Anträge auf Überprüfung eines sonderpädagogischen Unterstützungsbedarfs gestellt werden, um eine adäquate Förderung von Anfang an sicherstellen zu können, werden AOSF-Verfahren heute nur noch in Ausnahmen auf Antrag der Eltern vor dem 3. Schulbesuchsjahr eingeleitet.
    Die veränderte Lehr- und Lernsituation bedurfte eines sächlichen Aufwands, der zusammen mit dem Schulträger in Form eines Neubaus und Umbaus des vorhandenen Schulgebäudes umgesetzt wurde. Die zusätzliche personelle Ausstattung muss mit der zuständigen Schulaufsicht geklärt werden. Nur ausreichend vorhandene Ressourcen ermöglichen einen gelingenden Schulalltag in heterogenen Lerngruppen.

  3. Schuleingangsdiagnostik
  4. Die Schulanmeldung an unserer Schule ist in zwei Bereiche gegliedert:
    Die formelle Anmeldung durch die Eltern, sowie die Schuleingangsdiagnostik für die Kinder. Der Schuleingangstest wird von jeweils 2 LehrerInnen mit einer Kleingruppe von bis zu 8 Kindern durchgeführt.

    Die Diagnostik dient dazu, einen ersten Eindruck von den einzuschulenden Kindern zu erhalten. Sie ist als allgemeines Screening-Verfahren konzipiert.
    Aus verschiedenen schulrelevanten Bereichen wurden Übungen und Aufgaben ausgewählt, um den Entwicklungsstand der Einschulungskinder einschätzen zu können.

    Folgende Bereiche werden überprüft:

    • Sprache/ Sprechen
    • Zahl- und Mengenverständnis
    • Feinmotorik
    • Auge-Hand-Koordination
    • Menschzeichnung anfertigen
    • Muster fortführen, Merkmale beachten
    • Raum-Lage-Verständnis
    • Gedächtnisleistung
    • Grobmotorische Fähigkeiten

    Anschließend werden die Ergebnisse im Team ausgewertet und in der gemeinsamen Konferenz vorgestellt. Bei Bedarf werden Elternberatungen durchgeführt und weitere Informationen im Kindergarten eingeholt, sofern die Eltern ihr Einverständnis erklärt haben.
    Wurden bei einem Kind Entwicklungsauffälligkeiten festgestellt, werden vorschulische Therapien durch Experten, wie Ergotherapeuten, Logopäden usw. empfohlen.
    In speziellen Fällen wird zu einer Überprüfung des sonderpädagogischen Unter-stützungsbedarfs geraten.


    Weitere Diagnoseinstrumente

    Sie kommen nach der Einschulung und in den nachfolgenden Schuljahren zum Einsatz. Dazu gehören:

    • ein Beobachtungsbogen für die ersten Schulwochen (schuleigene Entwicklung)
    • Stolperwörter-Lesetest / Jahrgang 2 – 4 (einmal jährlich)
    • Hamburger Schreibprobe / Jahrgang 2 – 4
    • Lernstandserhebungen in Deutsch / Jahrgang 1 /  Lehrerhandbuch „Jo-Jo“
    • Vorerfahrungen Mathematik / Anfang Klasse 1 /  Lehrerhandbuch „Welt der Zahl“
    • Schuljahresbegleitende Diagnosearbeiten in Mathematik /  alle Jahrgänge / „Welt der Zahl“
    • VERA Deutsch u. Mathematik / Jahrgang 3
    • Diagnoseinstrumente im Zusammenhang mit AOSF-Verfahren (wie z.B. den CFT-1-Test und Sammlung v. Heuer et al.)

  5. Individuelle Förderung in der Schuleingangsphase
  6. In den Jahrgangsstufen 1 und 2 arbeitet ein Dipl. Sozialpädagoge mit den KlassenlehrerInnen als Team in der Schuleingangsphase zusammen. 
    Kinder bringen bei der Einschulung ganz verschiedene Voraussetzungen mit und ihre Fähigkeiten sind unterschiedlich entwickelt. Daher kann die Schuleingangsphase, die normalerweise zwei Jahre dauert (1. und 2. Schuljahr), auch auf drei Jahre ausgedehnt werden oder in einem Jahr durchlaufen werden. Kinder mit Entwicklungsverzögerungen und Kinder, die in Teilbereichen (wie z.B. soziale-emotionale Kompetenz, Feinmotorik oder Konzentration und Wahrnehmung) Schwierigkeiten haben, dem Unterricht zu folgen, benötigen besondere Unterstützung. Ziel dieser Förderung ist eine erfolgreiche Teilnahme am Unterricht der gesamten Klasse. 
    Nach einer durchschnittlich sechswöchigen Beobachtungsphase der Kinder der 1. Klasse legt das Team in Absprache mit den Eltern eine individuelle Förderung fest und beschreibt diese im Bedarfsfall in einem Förderplan.
    Die Förderung findet in der Regel in Form der inneren Differenzierung statt. Hier werden die Kinder im Klassenverband durch individuelle Angebote und zusätzliche Hilfen durch die KlassenlehrerInnen und den Dipl. Sozialpädagogen gefördert. Bei der selten durchgeführten äußeren Differenzierung, werden die Kinder in kleinen Gruppen oder einzeln parallel zum Unterricht gefördert.
    Je nach individuellem Bedarf erstreckt sich die Förderung nur über einen Teil oder die gesamte Schuleingangsphase. Sie beträgt 1 bis 10 Wochenstunden und kann folgende Förderbereiche beinhalten:

    • Emotionale und soziale Kompetenz·
    • Wahrnehmung
    • Feinmotorik
    • Grobmotorik
    • Sprachverständnis
    • Phonologische Bewusstheit
    • Mathematisch-logisches Denken

    Für diese Angebote steht ein eigener Raum zur Verfügung. Die Förderung der einzelnen Bereiche wird hier in einer verlässlichen Atmosphäre auf sehr anschauliche und spielerische Art und Weise durch den Einsatz von didaktischen Lernmaterialien und –spielen durchgeführt.

    Fördergruppen
    • Start ins Schulleben:
      basteln, Geschichten hören, erzählen – hier wird spielerisch an den Basisfähigkeiten und -fertigkeiten gearbeitet und geübt

      Basisförderung in allen Lernbereichen,mehrere Wochenstunden für Kinder aus Jahrgang 1

    • Leichter erzählen und schreiben, zuhören und berichten – die Erweiterung des Wortschatzes und der Reiz, die Feinheiten der Sprache zu erkennen und zu verstehen, sind die Ankerpunkte dieser Übungen

      Phonologische Bewusstheit Wortschatzerweiterung

    • Sehen, hören, fühlen, denken und konzentrieren – alle Sinne sollen entdeckt werden und in Gebrauch geraten

      Konzentration und Wahrnehmung

    • Basteln, Schwungübungen, kleben, schneiden – hier ist fast alles handgemacht…

      Feinmotorik

    • Die Zahl und die dazugehörige Menge – mit Farben, Formen und Zahlen werden hier zuerst die Grundrechenfähigkeiten geübt und geschärft

      Mathematisch- logisches Denken

    • Frühstück zubereiten usw.

      Lebenspraktische Übungen (nach Bedarf)

    Seit 2015 ist durch die Aufnahme nicht deutschsprachlicher Kinder ein zusätzlicher Förderbedarf im Bereich DAZ entstanden, der durch die Schaffung einer Integrationsstunden-Stelle abgedeckt werden konnte, die Kindern sämtlicher Jahrgangsstufen zuteil wird.

  7. Differenzierung und Förderung im Unterricht
  8. Eine individuelle Förderung aller Schülerinnen und Schüler im Unterricht zu gewährleisten, erfordert eine Differenzierung der Lernangebote. Jedes Kind soll mit Selbstvertrauen und Anstrengungsbereitschaft seine Fähigkeiten entwickeln können. Mit differenzierten Angeboten kann der Problematik der unterschiedlich langen Übungszeiten und des unterschiedlichen Lern- und Arbeitstempos im Lernstoff begegnet werden. So kann individuell auf die Lernbedürfnisse der einzelnen Kinder eingegangen werden. Damit haben alle Kinder individuelle Lernerfolge, die sich wiederum leistungsmotivierend auswirken.
    Maßnahmen zur inneren und zur äußeren Differenzierung werden eingesetzt. Insbesondere:
    -individuelles Lernen auf verschiedenen Niveaus, in unterschiedlichen Zeiträumen, auf unterschiedlichen Wegen, z.B. durch den Einsatz neuer Medien (s. Medienentwicklungsplan)
    – mit verschiedenen Lehr- und Lernmitteln, unter individueller Hilfestellung, in Tages-, Wochen- und Arbeitsplänen, 
    – in Einzel-, Gruppen- oder Partnerarbeit, im regulären und im Förderunterricht.
    Dabei finden offenere Unterrichtsformen zunehmend Verbreitung. Hier können Unterschiede in der Lernbereitschaft und –fähigkeit, im Lerntempo, im Interesse, in den Erfahrungen, in der Selbstständigkeit und Mitarbeit berücksichtigt werden.
    Die Lernentwicklung der Kinder wird mit Hilfe von Lernstandsdiagnosen und fortlaufenden Beobachtungen der Lernentwicklung festgestellt (s. Punkt 2). Für Kinder mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf liegt ein schuleigener Förderplan vor (s. Anhang).
    Bewährte Materialien und Spiele werden vornehmlich für die Schulung von Basiskompetenzen eingesetzt. Materialien für die einzelnen Förderbereiche, wie Paletti, Lernfix, Memory, Logico und weitere Spiele zu unterschiedlichen Schwerpunkten stehen zur Verfügung. Die Möglichkeiten der neuen Medien werden entsprechend genutzt (z.B. das Antolin-Programm für die Leseförderung, online-Angebote sowie verschiedene Programme im Schulnetzwerk).

  9. Förderkonzept für das Gemeinsame Lernen und pädagogische Leitgedanken
  10. Jedem Kind die bestmögliche Förderung und Unterstützung zu gewährleisten, gehört zu den pädagogischen Grundgedanken unseres professionellen Handelns. Daher ist es selbstverständlich, dass wir präventive Lern- und Förderangebote für alle Kinder entwickeln. 
    Unser Ziel ist es, Kinder mit sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf möglichst im Klassenraum zu fördern und dabei Angebote zur inneren Differenzierung zu machen (s. Pkt. 4)
    Dabei arbeiten die Grundschullehrkräfte und Sozial- und SonderpädagogInnen im Team gleichberechtigt zusammen. Über die Formen des Teamteachings sind jeweils mit allen Beteiligten Absprachen zu treffen. Konkrete Aufgabenverteilungen und Zuständigkeiten sind dabei auszuhandeln (s. Übersicht über Formen des Teamteachings und Aufgabenkatalog im Anhang).
    Wurde bei einem Kind ein individueller Unterstützungsbedarf festgestellt, wird in Absprache mit allen beteiligten Lehrkräften ein Förderplan erstellt, in dem die Förderziele benannt und konkrete Fördermaßnahmen festgehalten werden (s. hierzu schuleigener Förderplan).
    Kinder mit den Förderschwerpunkten emotionale und soziale Entwicklung, sowie Sprache, werden nach den Rahmenrichtlinien der Grundschule unterrichtet, während Kinder mit dem Förderschwerpunkt Lernen zieldifferent und entsprechend ihres jeweiligen Leistungsvermögens beschult werden. Sie erhalten Berichtszeugnisse und gehen ohne Versetzungsbeschluss in die nachfolgende Klasse. Schülerinnen und Schüler, die zielgleich unterrichtet werden, erhalten ab Klasse 3 ein Ziffernzeugnis.

    Unterrichtsmaterialien sowie Lernerfolgskontrollen müssen dazu angepasst werden. 
    Ein sogenannter Nachteilsausgleich kann im Bedarfsfall gewährt werden. (s. dazu die gesetzl. Bestimmungen zum Nachteilsausgleich).


    Für den Förderbereich emotionale und soziale Entwicklung sind dann vor allem folgende Zielsetzungen und Schwerpunkte relevant:

    • Stabilisierung des Selbstwertgefühls
    • die Förderung kooperativen und kommunikativen Handelns
    • die Stärkung der Selbst- und Fremdwahrnehmung
    • die Entwicklung tragfähiger Konfliktlösestrategien.

    Verständnis und Akzeptanz gehören in der Schule wie in den Elternhäusern als Basis zum Gelingen des gemeinsamen Lernens. So sind z.B. Lernangebote, Trainings und Übungen zum respektvollen Miteinander immer angewiesen auf die Weiterführung an anderen Orten und zu anderen Zeiten (s. auch die Ausführungen zur Erziehungspartnerschaft im Schulprogramm und Schulplaner der Kinder).
    Gegenseitige Anerkennung, friedvoller Umgang miteinander, eine wertschätzende Grundhaltung zählen zu den Leitgedanken unserer Schulgemeinschaft.

  11. Personelle Ressourcen und räumliche und sächliche Voraussetzungen
  12. An Schulen, bei denen Schulträger und Schulaufsicht das Gemeinsame Lernen eingerichtet haben, ist ein sonderpädagogischer Stellenanteil von je einer halben Stelle pro Zug vorgesehen, d.h. für die Grundschule Hille eine ganze Stelle mit 28 Wochenstunden, da Hille zweizügig ist. Dies soll nach Auskunft des Schulamtes im Endausbau gewährleistet sein. Nicht mehr die formale Überprüfung und Feststellung des sonderpädagogischen Unterstützungsbedarfs ist für die Zuweisung sonderpädagogischer Ressourcen maßgeblich, sondern laut 9. Schulrechtsänderungsgesetz AOSF-Verfahren nur noch in Ausnahmefällen vor dem 3. Schulbesuchsjahr in der Schuleingangsphase durchgeführt werden sollen und der präventiven Arbeit ein größerer Stellenwert eingeräumt wird. 
    An dieser Stelle muss noch einmal betont werden, wie wichtig es gerade in den ersten Schuljahren ist, dem Entstehen von Verhaltensauffälligkeiten entgegenzuwirken und Kindern mit Lern- und Sprachproblemen frühzeitig individuelle Hilfen bereitzustellen. Dazu bedarf es auch eines erweiterten Raumangebotes, um Maßnahmen der äußeren Differenzierung (wie Gruppen-, Kleingruppen- und Einzelförderung) zu gewährleisten, um alle Kinder ihren individuellen Voraussetzungen gemäß fördern zu können. 
    Der Schulträger hat An- und Umbaumaßnahmen für zusätzliche Räumlichkeiten durchgeführt. Benötigte Gruppenräume für jede Klasse als Differenzierungsräume sind vorhanden. Förder-, Test- und Besprechungsräume sind geplant und werden in naher Zukunft zur Verfügung stehen.

    Gemeinsames Lernen gelingt u.a. durch das permanente Vorhandensein verschiedener Test- und Diagnoseinstrumente und die entsprechenden Fördermaterialien.

  13. Anhang

Individueller Förderplan, Übersicht „Teamteaching“, Aufgabenkatalog